Beziehungen zwischen Milchfettdepression und subakuter Pansenazidose

verfasst von: Prof. Dr. Rossow am 17. April 2008

Fett ist der am meisten variable Milchinhaltsstoff, der von zahlreichen Faktoren beeinflusst wird. Niedrige Milchfettgehalte sind bei Hochleistungskühen ein häufiges Vorkommnis. Sie erfordern eine mitunter schwierige Ursachensuche. Zumindest monatlich wird der Landwirt durch die Milchleistungsprüfung darauf hingewiesen, ob ein Milchfettproblem im Bestand vorliegt. Im Schrifttum wird zwischen Milchfettdepression (MFD) und erniedrigtem Milchfettgehalt unterschieden. MFD ist eine eigenständige Störung der Milchfettsynthese, deren Ursache in der ungenügenden Sättigung (Biohydrogenierung) vielfach ungesättigter Fettsäuren (PUFA) und der Entstehung von trans-Fettsäuren bzw. bestimmten Isomeren der konjugierten Linolsäure (CLA) zu sehen ist. Dem erniedrigten Milchfettgehalt liegen warme Witterung mit hohem Gehalt an relativer Luftfeuchtigkeit (Hitzestress), subklinische Mastitis mit hohem Zellgehalt der Milch, negative Energiebilanz in der Frühlaktation, wobei anfangs der Fettgehalt erhöht (Lipolysereaktion) und anschließend erniedrigt ist, und Aufbrauch oder ungenügende Ausbildung von Körperfettdepots (magere Kühe ohne Körperfettreserven) zugrunde. MFD und subakute Pansenazidose (SARA) haben zum Teil eine gemeinsame Entstehungsgrundlage (Abb. 1). Daher findet man auch oft eine positive Korrelation zwischen Milchfettgehalt und pH-Wert im Pansen oder eine negative Korrelation zwischen der Dauer eines Pansen-pH < 5,8 und dem Milchfettgehalt. Aber es kommt nicht selten zu falsch positiven oder falsch negativen Aussagen. Das heißt: In Herden mit gehäuftem Auftreten von SARA ist der Milchfettgehalt unauffällig oder bei niedrigem Milchfettgehalt besteht kein Hinweis auf eine azidotische Belastung. Dies wird verständlich, wenn man bedenkt, dass es sich um zwei grundlegend verschiedene Stoffwechselabläufe handelt, die der MFD und der SARA zugrunde liegen. Außerdem sollte man bedenken, dass bestimmte Stoffwechselvorgänge in der Frühlaktation durch Mobilisierung von Körperfett die Milchfettdepression kaschieren können. Andererseits könnte es zu einer Senkung des Milchfettgehaltes bei Erschöpfung der Körperfettreserven (schlechte Körperkondition in der Frühlaktation) kommen, ohne dass eine azidotische Belastung besteht. Dieses Phänomen zeigt sich besonders bei Kühen der 2. Laktation, die innerhalb der 1. aufgrund konkurrierender Wachstumsprozesse nicht genügend Energiereserven anlegen konnten (STAUFENBIEL, 2007). Ferner ist nicht selten zu beobachten, dass eine SARA wegen längerer Inappetenz, Änderung der DACB oder Verabreichung von Pansenpuffern in eine alkalotische Stoffwechsellage übergeht bzw. die azidotische maskiert. Offenbar spielt auch die Dauer der Einwirkung einer azidotischen Belastung eine Rolle. Kurzzeitige Belastungen bleiben ohne Auswirkungen auf den Milchfettgehalt. Von einer MFD bei Holstein-Kühen spricht man, wenn der Milchfettgehalt unter 3,2 % sinkt. Dabei ist der Fett-Eiweiß-Quotient (FEQ) häufig ≤1,0. Eine SARA liegt nach heutigem Ermessen vor, wenn der durch transkutane Pansenpunktion gewonnene Panseninhalt einen pH <5,5 (OETZEL, 2007) oder <5,8 (BEAUCHEMIN, 2007) aufweist.